2025 – CBRN
Nachbericht
Am 10. Dezember 2024 fand das CP-Symposium zum gesundheitlichen Bevölkerungsschutz in Berlin unter dem Thema „Krankenhäuser im Umbruch – Auswirkungen auf Bevölkerungsschutz und Gesamtverteidigung“ statt.
Ein komplett ausgebuchtes Auditorium freute sich auf hochkarätige Referenten aus allen Bereichen des Gesundheitssystems.
Nachdem der Geschäftsführer der CPM GmbH, Herr Tobias Ehlke, die Teilnehmer begrüßt hatte, führte Generalarzt Dr. Bruno Most, Beauftragter ZMZ des Sanitätsdienstes durch die Veranstaltung.
Keynote Speaker zur Einführung in die Thematik war Herr Professor Dr. Tom Bschor, Leiter und Koordinator der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung, der über die letzten zwei Jahre gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen den Bundesgesundheitsminister bei der Erarbeitung der Krankenhausreform beraten hatte. Bschor skizzierte die sicherheits- und gesundheitspolitische Rahmenlage und leitete daraus die Notwendigkeit einer umfassenden Reform der klinischen Versorgung ab. Er betonte dabei die Notwendigkeit eines resilienten Gesundheitssystems, warnte aber auch davor, durch falsche Begrifflichkeiten Ängste in der Bevölkerung zu schüren.
Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Ralph Tiesler, betonte, je stärker eine Gesellschaft in ihrer Fähigkeit zur Gesamtverteidigung aufgestellt ist, desto „unappetitlicher ist sie als Gegner für potentielle Fressfeinde“. Bei den Parametern dieser Resilienz nehmen der Gesundheitssektor und insbesondere die Krankenhäuser eine herausragende Rolle ein. Als wesentliche Meilensteine betonte Tiesler die Stärkung der Krankenhausalarm- und Einsatzplanung (KAEP), die Verstetigung und Weiterentwicklung des Kleeblattmechanismus zur Steuerung von Kranken und Verwundeten, die Verabschiedung eines Gesundheitssicherstellungsgesetzes, die Gewinnung und Ausbildung von Pflegeunterstützungskräften und die Schaffung eines verteidigungsbereiten Mindsets in der Bevölkerung.
Michael Weller, Leiter der Abteilung Gesundheitsversorgung im BMG, in dessen Abteilung das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) erarbeitet wurde, betonte, dass die historisch gewachsenen Krankenhausstrukturen für die Anforderungen der Zeit nicht mehr bedarfsgerecht waren. Er führte aus, dass im Vergleich zu europäischen Nachbarländern die meisten Krankenhausbetten/Einwohner, die höchsten Fallzahlen, hoher Bettenleerstand und unzureichende Versorgungsqualität eines Teils der Krankenhäuser dazu führten, dass trotz großer Kapazitäten Deutschland keinen Spitzenplatz im europäischen Vergleich hinsichtlich der Gesundheit seiner Bevölkerung habe. Das KHVVG soll die stationäre Versorgung in Deutschland verbessern durch
- Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität
- Gewährleistung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung
- Steigerung der Effizienz in der Krankenhausversorgung
- Entbürokratisierung
Weller betonte, dass er angesichts zu vieler Krankenhäuser und ungenutzter Ressourcen für die verbleibenden Krankenhäuser einen Kamineffekt erwarte. Jetzt komme es darauf an, das KHVVG zügig in Rechtsverordnungen weiterzuentwickeln und in die Kran- kenhausgesetzgebungen der Länder umzusetzen. Er bedauerte, dass durch den Bruch der Koalition andere zentrale Gesetzgebungs- und Reformprojekte, wie ein Gesundheitssicherstellungsgesetz oder die Reform des Rettungswesens nicht mehr umgesetzt werden konnten.
Dr. Barbara Kowalzik vom BBK betonte zunächst die Säulen und Aufgabengebiete der zivilen Verteidigung als Anteil der Gesamtverteidigung. Dabei wies sie hinsichtlich der Unterstützung der Streitkräfte darauf hin, dass bei einer umfassenden Bündnisverteidigung die Bundeswehrkrankenhäuser ihre Ressourcen in den Einsatz verbringen und die Versorgung von Verwundeten aus den Kriegsgebieten durch zivile Krankenhäuser geleistet werden müsste.
Als Handlungsempfehlungen für ein resilientes Gesundheitssystem sieht sie
- Sicherstellung der Basisfähigkeiten durch einsatzgerechte KAEP
- durchgängige Führungs- und Stabsstrukturen
- ein aufwuchsfähiges System zur Verteilung von Patienten
- Sicherstellung eines bundesweiten Gesundheitslagebild
- Schaffung eines Krankenhauskatasters
- fachlich-medizinische Netzwerkstrukturen
- Schaffung eines Personalkatasters
- Bildung von Materialreserven
- Schaffung von infrastrukturellen Ersatzstrukturen
- Entwicklung eines verteidigungsfähigen Mindsets in der Bevölkerung
Dr. Gerald Gaß als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft hielt fest, dass Krisenvorsorge in der Weiterentwicklung des Gesundheitssystems mitgedacht werden muss, was im Falle des KHVVG nicht geschehen sei. Wenn man im Gesetzestext auf die Suche nach Begriffen wie Krise oder Krieg gehe, erhielte man 0 Treffer. Hinsichtlich der Weiterentwicklung der Krankenhauslandschaft sieht er die Existenzsicherung der Krankenhäuser durch die Vorhaltefinanzierung nicht gesichert und stattdessen das Setzen falscher Anreize. Insgesamt sei das KHVVG ein reines Kürzungsprogramm ohne die Ambition eines ordnungspolitischen Gestaltungswillens. Gaß sieht auch in dem weiteren extrem knapp gesteckten Zeitplan eine Überforderung der Länder in der Umsetzung.
Prof Dr. Thomas Wurmb von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Krankenhauseinsatzplanung (DAKEP) betonte, dass aus den letzten Krisen kein echter Lessons Learned-Prozess erwachsen sei. „ Warum es besser machen, wenn wir es doch besser wissen“. Er stellte die Frage, inwieweit wir uns in der Vorbereitung von Krisen- und Kriegsszenarien mit einer dauerhaften Überlastung des Gesundheitssystems befassen und dabei auch den Verlust von Spezialisierung und Individualversorgung sowie ein Fehlen bzw. Zerstören von infrastrukturellen und materiellen Ressourcen in unsere Über- legungen einbeziehen. Wurmb sieht bereits bei der Bauplanung von Krankenhäusern das Erfordernis, Krise und Krieg zu berücksichtigen. Dringend sei, so Wurmb, die Klärung wie man in Krise und Krieg mit etablierten Standards umgehen soll.
Professor Dr. Dirk Steinritz von der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin berichtete in seinem Vortrag von der Erstellung eines Leitfadens für die Umsetzung von Basisanforderungen an die Krankenhäuser in CBRN-Lagen. CBRN-Lagen sind hoch-komplexe Lagen für unsere Krankenhäuser, die besonders strukturiert angegangen werden müssen. Dabei sei der entscheidende Punkt, eine Kontaminationsverschleppung in das Krankenhaus zu verhindern. Steinmetz stellte eine Checkliste als Teil des Leitfadens vor, die den sicheren Umgang der Häuser mit CBRN-Lagen erleichtern soll.
Dr. Andre Solarek von der Charité sprach vielen teilnehmenden Kliniken aus dem Herzen, als er bei der Bewältigung von Krisenlagen an den Beispielen Verlust von Strom, Gas, Wärme und Wasser zahlreiche ungelöste Probleme darstellte, die weitergehender Unterstützung durch Bund und Länder bedürfen. Fehlender Treibstoff für Notstromaggregate, Abhängigkeiten in der Speise- und Wäscheversorgung, fehlende Kommunikationsmittel und ungesicherte Sterilgutaufbereitung waren nur einige der vielen Beispiele, die ein defizitäres Bild zeichneten.
Generalarzt Dr. Jens Diehm, Kommandeur des Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, betonte, dass nach Jahren des Friedens, in denen der Sanitätsdienst der Bundeswehr die zivile Seite in zahlreichen Schadensereignissen unterstützte, die Verhältnisse sich jetzt umgekehrt haben. In Krise und Krieg benötigt der Sanitätsdienst umfassende Unterstützung des zivilen Gesundheitssystems, um eine Vielzahl von deutschen und alliierten Verwundeten, aber auch Kriegsgefangenen und Flüchtlingen versorgen zu können. Wichtigster Partner für die Versorgung von Schwerstverwundeten sind dabei die Partnerkliniken des Traumanetzwerkes. Er hob die Komplexität von kinetischen und thermischen Kriegsverletzungen heraus und die dafür erforderliche Behandlungsexpertise. Auch aus seiner Sicht ist die Schaffung eines Gesundheitssicherstellungsgesetzes zwingende Voraussetzung für lagegerechte Priorisierung von Ressourcen durch den Bund.
Professor Dr. Timo Ulrichs von der Akkon Hochschule berichtete über die intensiven Kontakte und Projekte seines Lehrstuhls in die Ukraine. Er hob die im Krieg gewachsene Resilienz des Gesundheitssystems hervor und berichtete über die zwingende Notwendigkeit des Transportmittels Schiene zum Verwundetentransport über große Distanzen. Ebenfalls berichtete er über die Nutzung dezentraler unterirdischer Infrastrukturen und die Akquise von Pflegehilfskräften im Sinne eines Personalpools. Beeindruckend für die Teilnehmer des Symposiums war das erfolgreiche Projekt seines Lehrstuhls, Ärzte und Pflegepersonal mittels Podcast auszubilden.
Den Abschluss der Referenten machte Professor Dr. Edgar Strauch, Geschäftsführer der Landesärztekammer Sachsen-Anhalt. Er betonte, dass neben der Diskussion über das KHVVG auch die Herausforderungen an die Ausbildungslandschaft angegangen werden müssen. Einsatz- und Katastrophenmedizin seien bisher sträflich vernachlässigt worden. Er fordert die Aufnahme in den nationalen Lernzielkatalog und eine durchgängige Ausbildung von Einsatz und Katastrophenmedizin an den Universitäten.
Nach einem langen, aber auch informativen und spannenden Tag kam es zur abschließenden Podiumsdiskussion. Generalarzt Dr. Most diskutierte mit Prof Dr. Bschor, Dr. Gaß, Prof. Dr. Strauch und GenArzt Dr. Diehm über die Themen des Tages. Einig war man sich, dass eine Steigerung der Resilienz des Gesundheitssystems unabdingbar sei – kontrovers blieb es bei der Bewertung des KHVVG.
Am Schluss blieb großer Beifall des Auditoriums für eine gelungene Veranstaltung.
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